Der türkische Mäzen Osman Kavala sitzt seit 1000 Tagen in Haft in Silivri

Am 27. Juli 2020 wird der türkische Kulturmäzen Osman Kavala seit 1000 Tagen in Untersuchungshaft im Hochsicherheitsgefängnis von Silivri in der Nähe von Istanbul einsitzen.

Am Vorabend des Datums kritisierten seine Anwälte Köksal Bayraktar, Deniz Tolga Aytöre und İlkan Koyuncu in einer Online-Pressekonferenz am Wochenende in Istanbul das Verfahren als „politisch motiviert“.

Hunderte Künstler und Intellektuelle in aller Welt beteiligen sich inzwischen an der Kampagne „Free Osman Kavala“ und fordern seine sofortige Freilassung.

Der heute 62jährige Kavala wurde am 1. November 2017 in Untersuchungshaft genommen und kurz danach in das Gefängnis nach Silivri verlegt worden.

Zeit seines Lebens hatte sich der Unternehmenserbe in zahlreichen Projekten für Demokratie, Menschenrechte und die Stärkung der Zivilgesellschaft eingesetzt. 2002 hatte er dazu die Stiftung Anadolu Kültür gegründet.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte die Inhaftierung von Osman Kavala wegen der fehlenden Beweise und der Länge der Untersuchungshaft bereits im Dezember 2019 für menschenrechtswidrig erklärt.

Am 18. Februar 2020 sprach das Istanbuler Verfassungsgericht Osman Kavala und acht mitangeklagte zivilgesellschaftliche Akteure im sogenannten „Gezi“-Prozess überraschend frei und ordnete seine Haftentlassung an.

Doch noch am gleichen Abend wurde der Unternehmer und Philanthrop aufgrund eines weiteren Ermittlungsverfahrens erneut festgenommen. Gegen die Richterinnen und Richter, die Kavala freigesprochen hatten, wurden Untersuchungen eingeleitet.

Waren die ersten Anklagen noch mit dem „versuchten Sturz der verfassungsgemäßen Ordnung“ im Zusammenhang mit den Unruhe auf dem Istanbuler Gezi-Park im Sommer 2013 und dem Putschversuch 2016 begründet worden, schob die Staatsanwaltschaft diesmal seine erneute Inhaftierung wegen „Spionage“-Vorwürfen an.

Auch für diesen Vorwurf liegen nach Aussagen der Anwälte keine glaubhaften Beweise vor. Bis heute haben sie keine Anklageschrift erhalten. Beim Türkischen Verfassungsgerichtshof haben sie Beschwerde gegen die erneute Inhaftierung eingelegt.

Wegen der Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention kündigten sie ebenfalls Beschwerden beim EGMR und beim Ministerrat der Europäischen Union an.

Angesichts der Einzelhaft Kavalas und seiner Isolation von der Familie sprach seine Ehefrau Ayşe Buğra von „seelischer Folter“. Anwalt Koyuncu sah das Verfahren als Indiz für die Lage von Demokratie und Rechtsstaat in der Türkei.

„Atatürk hatte für sein Land die Vison einer zivilisierten Nation. Heute rangieren wir auf der internationalen Demokratieskala auf gleicher Höhe wie Russland oder Aserbeidschan“, sagte der Anwalt.

Unterstützer:innen der Kampagne zur Freilassung Osman Kavals haben inzwischen Solidaritätsfotos,  Animationen und eine  Oper, Kunstwerke und Filme kreiiert.

In von Theaterintendantin Shermin Langhoff und Filmemacher Fatih Akin initiierten Videobotschaften erklären sie ihre Beziehung zu Kavala und dessen Bedeutung für die internationale LKulturzusammenarbeit.

Zusammen formen sie die gemeinsame Kampagne „Free Osman Kavala“.

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