AA Bronson: Kunst als Therapie

„Kunst als Therapie“ – als der Bestsellerautor Alain de Botton vor ein paar Jahren ein Buch diesen Titels veröffentlichte, läuteten bei der Kritik alle Esoterik-Alarmglocken. Zu skurril klang seine Idee, dass die Betrachtung von Edouard Manets Spargelbund die beste Medizin gegen Liebeskummer sei. Womöglich könnte an dem Zusammenhang aber doch etwas dran sein. Das zeigt ein Blick auf Leben und Werk des amerikanischen Künstlers AA Bronson.

Natürlich steht das Oeuvre des 1946 in Vancouver geborenen Artisten für ein legendäres Kapitel Kunstgeschichte, das aus der Hippie- Studenten- und Schwulenbewegung wuchs. Doch man darf die Bedeutung der Zäsur nicht unterschätzen, die der Tod von Jorge Zontal und Felix Partz 1994 bedeutete, mit denen er 1969 das Konzept- und Medienkunstkollektiv „General Idea“ gegründet hatte. Zu ihren Inkunabeln zählt das komplementärfarbene „AIDS“-Plakat, mit dem sie auf dem Höhepunkt der Aids-Krise Robert Indianas „Love“-Logo appropriierten.

Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, begann der seit früher Jugend an Zauberkraft, Magie und Medizin Interessierte, als Körpertherapeut, später auch als Direktor der Künstlerbuch-Organisation „Printed Matter“ zu arbeiten. Trauma, Verlust, Tod und Heilung zentrieren seither seine Arbeit. Wie bodywork, Spiritualität und Solidarität darin zusammenfließen, zeigen seine späten Arbeiten. Wie ein schwuler Schamane: Nackt, knallrot angemalt und mit Wünschelrute stakst der selbsternannte „Künstler-Heiler“ Bronson auf seinen Lichtbox-Fotos durch die Cruising-Area auf der Schwuleninsel Fire Island vor New York. In Rotterdam baute er sie 2014 gar als Installation nach.

Seit 2013, nach seinem DAAD-Stipendium in Berlin, lebt der Mann mit dem charakteristischen weißen Rauschebart dauerhaft an der Spree, zusammen mit seinem Ehemann, dem Architekten Mark Jan Krayenhoff van de Leur. New York, seinen Lebensmittelpunkt für 28 Jahre, sieht er inzwischen nur noch als „Hafen für die Reichen“ und „gigantischen Marktplatz“, wie er kürzlich Besuchern erklärte. An Berlin schätzt der 71-jährige die „unglaubliche Freiheit“ und das „extrem Egalitäre“. Auf den Mann, der aus Therapie Kunst machte, wirkt da wohl die Stadt als Therapie.

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