Kunst und Politik: Schönheit ist auch nicht mehr, was sie mal war

Kunst ist politisch, oder sie ist gar nicht. Mit dem Motto für die 7. Berlin-Biennale erlebte Artur Żmijewski eine ziemliche Bauchlandung. Die politaktivistische Gerümpelkammer, die der Künstlerkurator 2012 in den Kunst-Werken öffnete, diskreditierte die »politische Kunst« so wirkungsvoll, wie es keine rechte Diffamierung vermocht hätte. Doch wie hätte eine solche Kunst auszusehen, wenn man sie nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgen will?

Dass nicht das Politische, sondern das Ästhetische politisch ist – diese, seit einiger Zeit wieder an Zulauf gewinnende, Gegenposition hatte der französische Philosoph Jacques Ranciere schon Mitte der 2000er Jahre ventiliert. Auf dem Kongress »Politik der Kunst.

Über die Möglichkeiten, das Ästhetische politisch zu denken«, der von der Akademie der Künste und dem Goethe-Institut kürzlich in Berlin veranstaltet wurde, fand sein Ansatz freilich nicht viele Anhänger.

Denn die dem Kunstwerk eignende »Unbestimmtheit«, die für Ranciere erst den Betrachter zum politischen Handeln motiviert, negiert für die Wiener Kunsthistorikerin Ines Kleesattel die »Wahrheit« jeden Werks. Zu bestimmt sollte es aber auch nicht sein.

Der linken Intelligenz schwant nämlich, dass die vielbeschworene »Relevanz der Kunst« anders aussehen muss als in der klassischen Politästhetik. »Wir steckten in der Sackgasse der politischen Eindeutigkeit«, resümierte die Filmemacherin und frisch gewählte Akademiepräsidentin, Jeanine Meerapfel, Jahrgang 1943, selbstkritisch die Kunstproduktion der 70er Jahre.

Die Künstler als »Partisanen der Sinnlichkeit« den Ausweg aus dieser Sackgasse suchen zu lassen, wie es der Philosoph Christoph Bermes empfahl, klang vielen zu militärisch. Zurück zur guten alten »Autonomie der Kunst« geht es auch nicht.

Die Frankfurter Kunstprofessorin Isabelle Graw erinnerte daran, dass sich dieses Credo als kompatibel mit dem »Neuen Geist des Kapitalismus« erwiesen hat. Selbst Präsidentin Meerapfel winkte ab: »Autonomie existiert nicht«, konstatierte sie das Netz ihrer Abhängigkeiten – von der Genrewahl über die Geldgeber bis zu den Mitarbeitern.

Auch der schillernde Begriff »Schönheit« führt in diverse Schieflagen. Zur ubiquitären Ressource des Alltags geworden, verliert sie ihr subversives Potenzial. Und wie in einen neomystischen Tonfall zurückfallen kann, wer sie rehabilitieren will, demonstrierte der Philosoph Christoph Menke, als er dem Kunstwerk eine außerökonomische »Kraft« zubilligen wollte, mit der es »Macht über uns« habe.

Ob nun das »Gramsci-Monument«, das der Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn 2013 in New York errichtete, den »Dritten Weg« zwischen dem Edelgrau des zeitgenössischen Biennale-Seminarismus, Partizipationsfolklore und dem obsolet gewordenen »Schönen« aus Rilkes Duineser Elegien weisen könnte, wie es Christoph Bartmann behauptete, der Leiter des dortigen Goethe-Instituts, war umstritten in Berlin.

Die ewige Diskussion wird weitergehen. Aber vielleicht lässt sich Schönheit immer nur dialektisch verstehen. Und es braucht, um »das Ästhetische politisch zu denken«, einfach einen neuen Punk.

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